Warum überhaupt ist es wichtig, dass mein Pferd in den Anhänger einsteigt? Ich muss doch gar nicht verladen, mein Pferd lebt glücklich und zufrieden hier in seiner kleinen Herde, die Versorgung ist gut, Trainer und Hufschmiede suchen meinen Stall auf und Tierärzte sind schließlich auch mobil…

Es gibt aber dennoch Situationen, in denen es plötzlich wichtig werden kann, das Pferd zu verladen. Mein Pensionsstall wird geschlossen, ich muss nach einem Arbeitgeberwechsel auch meinen Wohnort wechseln, es gibt ein tolles neues Haltungskonzept im Nachbarort, der immer unterdrückte Wunsch, doch einmal mit dem eigenen Pferd an einem Kurs vom international bekannten XY teilzunehmen, der leider nur durch Großstädte tourt – oder das vermutlich einleuchtendste Beispiel: Eine Kolik oder anderer Erkrankung, die ambulant nicht mehr behandelt werden kann.

Mein Pferd geht nicht in den Hänger!“

Welche Schwierigkeiten können auftreten? Womit könnte das Pferd ein Problem haben, wenn es dann tatsächlich zum Hänger geht? Es lohnt sich, genau zu beobachten, denn die Probleme können unterschiedlichster Natur sein.

  • Anblick des Hängers

  • Annäherung an den Hänger

  • Betreten der Rampe

  • das vollständige Einsteigen (ohne einen Fuß zur Sicherheit auf der Rampe stehen zu lassen)

  • das Einsteigen ohne Trennwand

  • das Einsteigen mit Trennwand

  • Stehenbleiben in der Enge

  • Stehenbleiben obwohl der Mensch den Hänger verlässt

  • Schließen der Stange

  • Schließen der Klappe

  • das Fahren selbst

  • das Aussteigen (du schaffst es kaum, die Stange aufzumachen, da dein Pferd sofort rückwärts herausschießt)

Wenn du eines der oben genannten Probleme bereits gelöst hast, kann der Rest ganz easy sein. Es ist aber auch möglich, dass ein Pferd Probleme mit mehreren oder sogar mit allen oben genannten Punkten hat.

In solchen Fällen ist vor allem eines gefragt: Viel Ruhe und noch mehr Geduld, sowie ein planvolles Vorgehen. Das erfordert in der Regel auch eine gewisse Zeit. Du solltest also nicht erst mit dem Training beginnen, wenn Tag X (das Verladen) bereits terminiert ist.

Warum entstehen solche Probleme?

Vergleichen wir einmal grob den natürlichen Lebensraum des Pferdes mit der aktuellen Aufgabenstellung:

So in etwa sieht die Umgebung aus, die die Natur für Flucht- und Herdentiere vorgesehen hat.

Im Vergleich dazu die Situation am und im Anhänger: Eine dunkle, enge Kammer.

 

Die Vorbereitung

Was müssen Pferd und Mensch fürs sichere und schnelle Verladen können?

  • Du solltest dein Pferd von links und rechts über ein Gefühl am Halfter leicht in jede Richtung bewegen können (vor, zurück, links und rechts)

  • Du solltest dein Pferd jederzeit stoppen können.

  • Das Pferd muss sich in jede Richtung bewegen bzw. korrigieren lassen. Du solltest in der Lage sein, die Vorhand deines Pferdes unabhängig von der Hinterhand zu bewegen und umgekehrt.

  • Du solltest dein Pferd über verschiedene Untergründe (Plane, Holzbretter, verschiedene Bodenbeläge, Pfützen etc) gehen lassen können. Für manche Pferde sind bereits unterschiedlich gefärbte Untergründe ein Problem, zum Beispiel teilweise nasser Asphalt.

  • Du solltest dein Pferd durch Engstellen führen können (zwei Futtertonnen, ein Stuhl in kurzer Entfernung zur Bande, zwischen Hänger und Halle etc. Hier ist Kreativität gefragt.)

  • Du solltest dein Pferd unter Dingen durchgehen lassen können. Dies kann ein über Kopfhöhe aufgehängtes Seil, eine Plane, ein Torbogen oder ein Baum mit niedriger Krone sein)

  • Wenn dein Pferd sehr groß ist, sollte es auf ein Gefühl am Halfter den Kopf senken können. Nur so kannst du ihm den Weg unter der oberen Klappe bzw. der aufgerollten Anhängerplane durch zeigen.

Es macht Sinn, gerade dann zu trainieren, wenn kein konkreter Termin ansteht. Das Üben am Hänger bringt Abwechslung in deinen Trainingsalltag, es verbessert die Kommunikation mit deinem Pferd und du erkennst relativ schnell, an welchen Dingen du im Alltag verstärkt arbeiten solltest.

Der Fall der Fälle, der Transport in die Klinik, kommt meist plötzlicher als erwartet.

Warum muss ich mein Pferd alleine verladen können, ich kann doch einfach jemanden am Stall bitten, hinter dem Pferd schnell die Stange zu schließen?

Das geht. Und wenn es um Leben und Tod geht und dein Pferd noch nicht aufs Verladen vorbereitet wurde, ist das auch erforderlich und es ist jeder Trick erlaubt.
Aus der Sicht des Pferdes fühlt es sich jedoch an wie eine Falle, die zuschnappt, sobald das Pferd den Fehler gemacht hat, seinem Menschen einmal ganz in den Anhänger zu folgen. Klappe zu, Affe tot.

Du hast das Verladen damit erfolgreich gemeistert – aber dein Pferd hast du dabei nicht gefragt.

Dein Pferd wird beim nächsten Verladen wahrscheinlich noch größere Probleme mit der Situation haben.

Du solltest die Klappe des Anhängers erst dann zum ersten Mal schließen, wenn das Pferd frei, nicht angebunden und mit geöffneter Stange so lange im Hänger bleibt, bis du einmal außen herum gelaufen bist und dein Pferd dann wieder aus dem Anhänger heraus bittest!

Das Verladen eines Pferdes, das noch nicht bereit ist, einzusteigen, kann darüber hinaus ziemlich schnell ziemlich gefährlich werden!

Ein Pferd, das nicht einsteigen will, wird jeden Ausweg testen, der ihm einfällt. Es kann zum Beispiel nach links oder rechts drängen, versuchen sich loszureißen, den Menschen über den Haufen rennen, rückwärts ziehen, steigen, sich hinwerfen….

Ich selbst habe bereits ein Pferd beobachtet, das sich losriss und mangels Alternativen aus dem Stand der Länge nach über eine Bierzeltgarnitur (ein Tisch und zwei Bänke) gesprungen ist, auf der 5 Minuten zuvor noch ein paar Kinder gehockt hatten…

Der Hänger ist auch für Menschen eine Engstelle und hier entstehen schnell Gefahren für alle Beteiligten, einschließlich für das Pferd selbst. Diesen Gefahren kann ich vorbeugen, in dem ich mein Pferd entsprechend vorbereite.

Eine interessante Angelegenheit ist auch die Emotion des Menschen in diesem Zusammenhang.

Wenn der Mensch, ob aufgrund schlechter Erfahrung oder schlichtweg (zu) viel Fantasie, selbst mit zittrigen Knien das Verladen angeht, wird sich diese Unsicherheit auf das Pferd übertragen. Pferde spiegeln unsere Emotionen und wenn der Mensch sich selbst nicht sicher ist, kann er dem Pferd kein Vorbild sein.

Stell dir einmal vor, du sitzt in einem Flugzeug und es gibt Turbulenzen. Das Licht fällt aus, irgendetwas fängt an zu piepen, und über die Lautsprecher meldet sich der Pilot, der mit fester Stimme sagt „Hier spricht Ihr Pilot, bitte nehmen Sie die Sicherheitsposition ein“. Du wirst vielleicht dennoch Angst haben und besorgt sein, aber du weißt, dass da noch mindestens eine Person ist, die vermutlich Herr der Lage ist.
Wie wäre es stattdessen, wenn über den Lautsprecher der Pilot mit hoher Stimme kreischen würde „Oh Gott, wir stürzen ab, rette sich wer kann!“ ?

Möchtest du die verschiedenen Herausforderungen rund um das Verladen angehen und wünschst dir Unterstützung dabei? Melde dich gerne bei mir, ich freu mich auf dich!